Treffen „Die Rostocker“

Ich habe ein paar Tage frei und beschließe – nach einem Blick auf die Wetterkarte – übers Wochenende spontan zum Guzzi-Treffen der „Fare amici di Moto Guzzi Rostock“ nach Pepelow am Salzhaff zu fahren.

Der Veranstaltungsort liegt verträumt an der Ostsee zwischen Insel Poel und Kühlungsborn und dort kann man im „Falkencamp“ zelten oder sich in eines der Mehrbettzimmer in den kleinen Ferienhäusern einmieten.

Bevor es losgeht investiere ich 50 € in die Calimoto-App für’s Smartphone, die mit dem Slogan „No more straight roads“ wirbt und tatsächlich lässt sich schnell und einfach eine Route planen.

Nachdem mir eine Fahrzeit von über 11 Stunden bei kurvenreicher Strecke angezeigt wird und ich am Donnerstagvormittag noch zum Zahnarzt muss, buche ich schnell noch ein Zimmer in Göttingen im Hotel Rennschuh, in dem ich schon mal übernachtet habe: Es ist einfach, günstig, sauber, mit gutem Frühstück und freundlichem Service.

Am Donnerstag komme ich erst gegen 11 Uhr los. Eigentlich ein bisschen spät und schon bald merke ich, dass ich auch noch länger brauche, als es mir die App anzeigt.
Egal, denn ich werde über wirklich schöne Strecken geführt.

Es ist fast dunkel, als mich die App zu einer kleinen Weser-Fähre führt. Es ist 1 Minute nach 19 Uhr – und der Fährmann hat gerade Feierabend gemacht. Mist.
Also komme ich nach einem Umweg erst spät im Dunkeln am Hotel an und checke ein.
Weil ich Mittagessen habe ausfallen lassen, hole ich mir Hähnchenteile vom „Kentucky Fried Chicken“ schräg gegenüber und ein Bier von der Tanke.
Ich bin redlich müde und haue mich gleich nach dem Essen auf’s Ohr.

Als ich am nächsten Morgen aus dem Fenster gucke ist dicker Nebel.

Nachdem ich gefrühstückt und meine Sachen wieder auf dem Mopped verzurrt habe, mache ich mich wieder auf den Weg gen Norden.
Und schon bald klart es auf und sogar die Sonne lässt sich blicken.

Ich fahre durch‘s wunderschöne Leinetal. Manchmal denke ich, dass ich im Auenland bin und gleich ein Hobbit über die Straße läuft …
Kurz vor Alfeld dann geht‘s dann in Richtung Nordosten.

In Wittingen in der Heide mache ich Pause und gönne mir bei der Heidebäckerei Meyer Milchkaffee und ein Franzbrötchen – das ist im Westen der Republik nämlich ziemlich unbekannt und ich liebe dieses Zimtgebäck.

Mit meinen gelben Kreuzen des Widerstandes, die ich zur Demo gegen die Zerstörung des Hambacher Forstes und der Dörfer rings um den RWE-Kohletagebau vor längerer Zeit an die Guzzi geklebt habe, passe ich natürlich gut ins Wendland, das ich bald darauf durchquere.

Ich fahre über Ludwigslust und die Landeshauptstadt Schwerin, beides Orte, die ich schon mal besucht habe und komme schließlich im Falkencamp an.

Es ist immerhin noch hell.

Nachdem ich meinen Übernachtungs- und Frühstücks-Obulus entrichtet habe, hole mir erst mal ein Rostocker Pils und baue mein kleines „Naturehike“ Einmannzelt auf. Das geht fix – ich liebe dieses von Chinesenhänden geklöppelte Teil, das unglaublich gut durchdacht und hochwertig ist.

Als ich am Grill stehe und mir was zu essen hole und mich zu ein paar Leuten an den Tisch setze, merke ich schnell, dass es hier wirklich total tiefentspannt zugeht. Keine Profilneurotiker weit und breit. Meinen Plan, schon am Sonnabend wieder abzuhauen verwerfe ich sehr schnell, obwohl ich sonst eigentlich bei Treffen nach einem Abend schon genug erlebt habe …

Es wird noch ein schöner Abend mit interessanten Gesprächen.

Dass ich „Camille“, unseren alten Freund und Ehrenmitglied beim Kölner Stammtisch, und Burkhard, beide kommen aus Hamburg, treffe, ist natürlich das Sahnehäubchen für diesen perfekten Tag.

Die Nacht ist kalt.
Vor allem, weil mein Schlafsack nicht wirklich für 4° ausgelegt ist …
Aber mir wird bald wieder warm, denn die Rostocker haben auch das Frühstück super organisiert.
Nur den extremen Kaffeedurst der Leute haben sie ein wenig unterschätzt …
🙂

Bis zur Ausfahrt, die schlauerweise erst gegen Mittag stattfindet, ist noch Zeit.
Nachdem wir Camille nicht gefunden haben, machen Burkhard und ich deshalb alleine einen kleinen Spaziergang am Ufer des Salzhaffs entlang.
Echt nett hier: Nebenan ist ein Campingplatz, es gibt eine Surfschule mit Verleih und natürlich einen Strand, alle grüßen freundlich und wir treffen etliche junge Familien mit kleinen Kindern.

Um halb eins geht es los:
Die Ausfahrt führt durch wunderschöne Landschaft. Teilweise dürfen wir gelebte DDR auf einigen wirklich schlechten Straßen oder auf Kopfsteinpflaster im wahrsten Sinne des Wortes „erfahren“.
Für den, der es noch nicht kannte, eine sicherlich interessante Erweiterung des Wissenshorizontes.
Ziel ist das Treffen historischer DDR-Fahrzeuge der „Pappen-Papas“ in Dabel.
(Für Wessis: Pappe wurde der Trabbi genannt.)
Klasse, die alten Fahrzeuge vom Moped bis zum Militärlaster mal zu sehen.

Anderthalb Stunden und eine gebratene Bockwurst später machen wir uns wieder auf den Heimweg. Diesmal ohne Kopfsteinpflaster …

Die Rostocker schaffen es wirklich, das Leben schön zu machen, denn als wir im Falkencamp ankommen, stehen schon Kaffee und Kuchen, aber auch Fischbrötchen bereit.
Eigentlich wollte ich ja noch kein Bier trinken, solange es noch hell ist – aber Matjesbrötchen mit Kaffee geht nun mal garnicht!

Hier die Tour.

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Und dann geht die Sonne unter und ich erlebe ein so kitschiges und schönes Abendrot …
Alle Menschen die ich sehe haben entweder den voll verklärten, romantischen Blick oder aber fotografieren was das Zeug hält.
Über lange Zeit zeigt sich der abendrote Himmel in immer neuen Variationen.
Postkartenreif.

Es folgt das rituelle Grillen, Biertrinken, Lagerfeuersitzen und Erzählen, bis Dirk alle zusammenruft und eine kleine Ansprache hält:
Es sollen Preise an Anwesende verteilt werden, die die Rostocker Guzzi-Gang Freitagnacht nach genügend Alkoholgenuss willkürlich und mit völlig verrückten Begründungen erkoren hat.
Während ich noch am Rande stehe und ein paar Fotos vom Ganzen mache, höre ich wie Dirk sagt: „Und den ersten Preis bekommt Frank Hempel.“
Das bin ich.
Komplette Überforderung.
Die Begründung:
„Weil es total bekloppt ist, von Köln an die Ostsee zu einem Treffen zu fahren.
Und weil es noch bekloppter ist, nach Köln zurück zu fahren!“
Das rührt mich echt und leider fällt mir kein geistreicher Spruch außer „vielen Dank“ ein.
Auch an dieser Stelle nochmal:
Vielen Dank dafür, ich werde den liebevoll gestalteten Preis in Ehren halten!

Am nächsten Morgen nach dem Frühstück (sehr schön: Es lässt niemand sein Mopped schon um 7 Uhr warmlaufen wie woanders üblich, niemand brüllt „Guten Morgen!“ über den Platz), dann schnell die Sachen gepackt und auf geht’s nach Glinde zu meiner Mutter, wo ich noch drei Tage bleibe.

Als ich die Heimfahrt dann am Mittwoch Antreten will, war es nachts so kalt, dass auf der Guzzi schon Raureif ist.
Bis ich allerdings abreisefertig bin scheint schon wieder die Sonne.
Trotzdem ziehe aber noch schlauerweise die Regenkombi über – und es wird mir unterwegs nicht wirklich zu warm.
Bis Bad Nenndorf fahre ich über die A7 und A2 Autobahn, schließlich will ich noch heute zuhause ankommen.
Die Calimoto-App führt mich aber von da an wieder über geile Strecken durchs Weserbergland.
Leider lässt sich die gute Jackal irgendwann nicht mehr vernünftig schalten, so dass ich für den Rest der Strecke den schnellsten Weg, also wieder Autobahn, nehme.

Es war ein wirklich so schönes Treffen in komplett entspannter Atmosphäre, es war alles wunderbar organisiert und ich möchte den Helfern und vor allem den Helferinnen „Danke“ sagen, dass wir es uns so gut gehen lassen konnten!

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